Blog Saison 2024

#13: Weltcup-Finale Lake Placid

29. September 2024: Marathon Weltcup Lake Placid (USA)

Der letzte Marathon-Weltcup der Saison stand in Lake Placid auf dem Programm. In der Gesamtwertung lag ich auf Position 3. Das Ziel somit klar, diesen Rang zu verteidigen. In den beiden anderen Weltcup-Rennen kam ich jeweils auf Rang 4 ins Ziel, solide Leistungen, aber eben nicht auf dem Podest, was mich doch fuchst. Ich wollte also in Lake Placid nochmals alles geben und für dieses Podest kämpfen. 

Die Strecke war sehr speziell, aber irgendwie fand ich sie auch lustig. Wir hatten drei Runden à 33km zu absolvieren und fuhren das Ganze auf der Langlauf-Loipe ;-). Gerade etwa 3km waren Trails, der Rest führte über holprige, breite Wiesen, die im Winter zum Langlaufen dienen. Naja, technisch war es nicht. Mit den kurzen Rampen und dem holprigen Untergrund, der so gut wie nicht rollte, war es aber auf jeden Fall physisch anspruchsvoll. Ich stellte mich auf ein sehr taktisches Rennen ein und so wurde es dann auch. Das Fahrerfeld wurde bei jeder Tempoverschärfung mehr und mehr aussortiert. Manchmal waren wir recht gemütlich unterwegs und machten ein «Sonntags-Fährtli» und dann gab es aber auch die Stellen, wo wieder jemand richtig aufs Tempo drückte. 

Ich hatte einen guten Tag und kam gut mit. Auf der dritten Runde waren wir schlussendlich noch zu viert unterwegs. Ich war fest entschlossen, mir heute mein erstes Weltcup-Podest zu holen. Sich auf diesem Kurs entscheidend abzusetzen war sehr schwer und niemand vermochte oder wollte es alleine versuchen. Wir näherten uns der letzten Rampe und ich stellte mich darauf ein, dass hier das Finale stattfinden wird. Und so war es auch. Alle gingen aus dem Sattel. Leider hatte ich das Nachsehen. Ich gab alles, doch die anderen drei waren einfach besser. Das muss ich so akzeptieren. Und so kam ich als vierte über die Ziellinie, schon wieder… Doch 3x4 macht 3… In der Gesamtwertung konnte ich den dritten Rang verteidigen und endlich, nach 2 Jahren, doch noch auf dieses Weltcuppodest klettern. 

Glücklich, es aufs Podest geschafft zu haben, war es aber auch die Zeit, um inne zu halten und an einen Menschen zu denken! RideForMuriel 

 


#12: Weltmeisterschaft

22. September 2024: Weltmeisterschaft Snowshoe (USA)

Das WM-Rennen in Snowshoe war eine lange Angelegenheit. Zwar «nur» 2000hm, dafür aber 110km lang und jeder Kilometer musste sich hart erarbeitet werden. 

Mit Startnummer 5 konnte ich aus der ersten Startreihe starten. Leider konnte ich davon aber keinen Nutzen machen. Auf der 1km langen Startschlaufe wurde ich im Feld nach hinten durchgereicht. Danach ging es in die einzig längere Abfahrt des Rennens und in den ersten Singletrail. Es stockte teilweise durch Fahrerinnen, die technisch weniger stark unterwegs waren. Genau aus diesem Grund wäre ein guter Start so wichtig gewesen, aber irgendwie kam ich in der erste Rennstunde überhaupt nicht auf Touren. Mit Müh und Not konnte ich das Hinterrad meiner Swiss Epic Partnerin 2022, Debora Piana, halten und durch sie einen guten Rhythmus finden. Wir kennen uns bestens und spannten so zusammen. Anfangs lagen wir ungefähr auf Position 20-25 und unser Ziel klar: Uns so weit wie möglich nach vorne zu arbeiten. Die ersten 60km waren über weite Teile auf Trails, mitten durch den Wald. Sehr schön und technisch, wenn auch sehr kräftezerrend, da man sich jeden einzelnen Meter verdienen musste. Der längste Trail dauerte 45 Minuten am Stück. Links, rechts, Wurzel hier, Stein da, Matsch überall; es war volle Konzentration gefragt. In den Gravelpassagen zwischen den Trails nutzten wir den Vorteil, zusammen unterwegs zu sein und wechselten uns mit Führungsarbeit ab. Mittlerweile lagen wir ca. auf Position 15 und kämpften weiter für einen Platz in den Top 10. 

Bei Kilometer 60 wurde dann eine 180-Grad Kurve gemacht und es folgten 40 Kilometer fast ausschliesslich auf Kiesstrassen. Diesen Abschnitt kannte ich nicht und ich dachte, diese Kilometer würden gut «rollen». Fehlanzeige! Der Grossteil war ein leicht schleichender Anstieg und es wurde je länger je mehr echt sehr zäh. Wir hatten weitere Fahrerinnen im Blick und wussten, dass wir mit guter «Team»taktik weiter Positionen und Zeit gut machen konnten. 

10 Kilometer vor Schluss erlitt Debora dann leider einen Platten und ich war somit alleine unterwegs. Vor mir tauchte eine Fahrerin auf, auf welche wir zwischenzeitlich über 4min Rückstand gehabt hatten. Mit viel Motivation versuchte ich, die Lücke zu schliessen. Kurz vor dem finalen Anstieg ins Ziel konnte ich sie überholen und mich gleich davon machen. Nach 5h40min und völlig entkräftet kam sie dann endlich, die Ziellinie. Mit Rang 11 realisierte ich mein bestes WM-Resultat. 

Auch wenn ich nicht meinen besten Tag hatte, in der ersten Rennstunde mich oft fragte, wie ich es heute überhaupt ins Ziel schaffen werde, konnte ich am Ende des Tages doch glücklich auf das WM-Rennen zurückblicken.  

 


#11: Schweizermeisterschaft

24. August 2024: Schweizermeisterschaft Grand Raid (Verbier-Grimentz)

Der Grand Raid im Wallis, ein Rennen vor dem ich wirklich grossen Respekt hatte: 125 Kilometer, 5000 Höhenmeter und eine Renndauer von 7.5-8 Stunden gab es zu bezwingen. Vergangen Samstag fanden im Rahmen dieses Rennens die Schweizer Meisterschaften statt, die als Hauptprobe für die Weltmeisterschaft im nächsten Jahr stattfanden (6. September 2025 – Marathon WM in der Schweiz, wer das Datum schon mal notieren mag ;-). 

Nervös aber zuversichtlich ass ich mitten in der Nacht Frühstück. Ich fühlte mich gut und war bereit, für das Trikot der Landesmeisterin zu kämpfen. 

Um 6:30 Uhr, noch halb im Dunkeln, ertönte der Startschuss und der erste Aufstieg wartete auf uns. Ich hatte super Beine, doch drei Konkurrentinnen schlugen ein horrendes Tempo an (zwei Fahrerinnen davon waren jedoch keine Schweizerinnen, sodass sie im Rennen um den SM-Titel für mich keine Rolle spielten). Sollte ich mitgehen, ich fühlte mich richtig gut. Doch ich hatte grossen Respekt vor der Strecke (vielleicht ein bisschen zu viel) und entschied mich, mich an meine eigene Pacing-Strategie zu halten. Auf keinen Fall wollte ich riskieren, schon am Anfang zu überkochen, sonst würde es ein endloser Tag werden… 

Die ersten drei Aufstiege liefen gut, auch wenn ich bereits einiges an Zeit auf die Spitze verlor. Ich vertraute aber, dass ich im zweiten Teil noch aufdrehen kann. Ich war zusammen mit Alessia Nay unterwegs, was von Vorteil war, um nicht ganz alleine fahren zu müssen. Im vierten Anstieg, nach knapp drei Stunden, bekam ich wie aus dem nichts Mühe und meine Beinmuskulatur machte sich schon bemerkbar. Das darf doch wohl nicht wahr sein, schoss es mir durch den Kopf. Am letzten Anstieg lief es noch so gut. Ich blieb aber an Alessias Hinterrad. 
Dann, zu Beginn des langen Anstieges auf den Mandelon-Pass hatte ich noch eine grössere Krise, war kurz echt unkonzentriert und musste abreissen lassen. Ich versuchte ruhig zu bleiben, dass Rennen dauerte noch lange. Im Aufstieg fand ich wieder meinen Rhythmus, büsste aber weiterhin Zeit ein. Auf dem langen technischen Höhentrail zuoberst auf dem Pass hatte ich dann wirklich einen kurzen Aussetzer und kam gefühlt nicht mehr voran. In der langen Abfahrt nach Evolène konnte ich mich wieder etwas erholen, sodass ich den nächsten Hügel wieder zügiger absolvieren konnte. 

Dann wartete der letzte grosse Brocken, der lange Aufstieg auf den Pas de Lona. Je länger der Anstieg dauerte, desto mehr schwanden meine Kräfte. Nach 1h15` pedalierend den Berg hoch und schon über 7h Renndauer wartet dann noch die Krönung: 20 Minuten Fussmarsch bis auf die Spitze des Pas de Lona! Bike buckeln und einfach immer weiterlaufen. Ich war müde, mein Rücken schmerzte und meine Beine wollten langsam auch nicht mehr. Endlich, zuoberst angekommen ging es auf eine kurze Abfahrt und dann noch die wirklich allerletzten Höhenmetern hoch, bevor eine ruppige und lange Abfahrt nach Grimentz wartete. 

Nach 8h im Sattel errichte ich enttäuscht als dritte die Ziellinie. Klar, ich hätte mir mehr erhofft, ich ging an den Start, um für das Trikot zu kämpfen. Doch schlussendlich war meine Leistung einfach bei Weitem nicht gut genug und Gold und Silber gingen verdient an zwei andere Fahrerinnen, welche wirklich starke Leistungen abgeliefert haben. 

In 53 Wochen werden auf derselben Monsterstrecke die Weltmeisterschaften ausgetragen. Ich habe noch viele Hausaufgaben bis da zu erledigen. Das Datum (6. September 2025) ist aber schon lange im Kopf, eine Heim-WM erlebt man schliesslich nicht alle Tage. 

 


#10: Europameisterschaft 

18. August 2024: Europameisterschaft Viborg (Dänemark)

An den Europameisterschaften erwartete uns – typisch Dänemark – ein ziemlich flacher Rundkurs. Nach einer kurzen Startschlaufe bogen wir auf die 25 kilometerlange Runde mit 500 Höhenmetern ein, welche es dreimal zu absolvieren galt. Tönt nach wenig Höhenmeter, dafür wurde dann jede kleine Rampe die ganze Zeit raufgesprintet. 

Meine Taktik:  So lange wie möglich in der Spitzengruppe bleiben, gut positioniert sein aber so gut wie keine Führungsarbeit machen. Bei der Besichtigung merkte ich mir die technischen Passagen, in welchen es wichtig war, in den vordersten Positionen zu sein, um bei einer Tempoverschärfung gleich reagieren zu können. Aber natürlich hatten diese Stellen all die anderen Fahrerinnen auch im Kopf und so war es zu Beginn recht hektisch. Das Tempo war wider Erwarten in der ersten Runde recht hoch, sodass die Spitzengruppe Ende der ersten Runde auf 8 Fahrerinnen reduziert wurde. Ich fühlte mich gut, hatte richtig gute Beine und war überrascht, wie gut ich trotz des Sprintrennens mitkam. 

Anfangs der zweiten Runde fiel das Tempo dann richtig zusammen. Niemand wollte mehr die Arbeit im Wind übernehmen und so schlossen wieder viele Fahrerinnen auf. Je länger die Runde dauerte, desto mehr wurde aber wieder aufs Gas gedrückt und viele Fahrerinnen fielen wieder ab. Ende 2. Runde war ich etwas am Anschlag und dann, vor den letzten 5 Kilometer, die sehr technisch waren, wurde das Tempo abermals verschärft. Ein kleines Loch ging auf und leider musste ich abreissen lassen. 

In der Verfolgergruppe, welche aus vier Fahrerinnen bestand, ging es auf die letzte Runde. Die Medaillenränge waren weg, doch ich versuchte das Tempo unserer Gruppe zusammen mit meiner ehemaligen Swiss Epic Partnerin Debora aufrechtzuerhalten. 5 Kilometer vor Schluss griff ich dann an und konnte mich von den anderen distanzieren. Als ich ins Zielgelände einbog um die letzten 1.5 Kilometer in Angriff zu nehmen hörte ich durch den Lautsprecher, dass meine Teamkollegin Rosa gerade als neue Europameisterin die Ziellinie überquerte!!! Mit Freudentränen in den Augen fuhr ich das Rennen zu Ende und überquerte schlussendlich die Ziellinie als 7. 

 


#9: Colina Triste

18. - 21. Juli 2024: Colina Triste, Santo Domingo (Spanien)

Nach drei Monaten stand endlich wieder einmal ein Etappenrennen auf dem Programm. Das Rennen wird im Zweierteam absolviert und ich ging wieder mit meiner Teamkollegin Rosa an den Start. Dieses Mal ging es nach Santo Domingo de Silos, eine kleine Ortschaft in Spanien mit gerade einmal 100 Einwohnern. Irgendwo im nirgendwo erwarteten uns vier Tage Bikevergnügen durch schöne Landschaften und auf coolen Trails. Ich war am ersten Trainingstag ziemlich überrascht, wie technisch anspruchsvoll die Strecken sind: steil, steinig, staubtrocken und extrem rutschig. Also alles andere, als ich es mir die letzten Wochen von zuhause gewohnt war. 

Am Tag 1 wartete ein 20km langes Zeitfahren auf uns. Da ich das Rennen direkt aus dem Training heraus absolvierte, hatte ich etwas Anlaufschwierigkeiten und mir fehlte die Power in den Beinen, um all die kleinen steilen Rampen schnell hochzufahren. Dennoch konnten wir die erste Etappe mit einem klaren Vorsprung gewinnen. 

Danach warteten zwei längere Etappen von 4h auf uns. Von Anfang an fuhren wir unser Tempo und waren jeweils recht schnell alleine unterwegs. Die Strecken waren sehr technisch und gespickt mit vielen scharfen Steinen. Noch nie hatte ich so viele Athleten am Streckenrand mit Platten Reifen oder anderen Defekten gesehen. Wir versuchten also, alle technischen Passagen so schnell wie möglich aber vor allem sauber und ohne allzu grosses Risiko zu absolvieren. Obwohl zwei 4h-Tage nicht nach viel klingen, die Strecken hatten es wirklich in sich und waren ziemlich kräftezehrend. Die hohen Temperaturen machten es nicht einfacher.  Wir gewannen auch Etappe 2 und 3 überlegen. Doch die Ziellinie am dritten Tag überquerte ich völlig entkräftet. 

Während eines Etappenrennen erlebt man meistens Hochs und Tiefs und es ist immer wieder erstaunlich, wie man von Tage zu Tag ganz unterschiedlich performen kann. War ich am Vortag noch völlig platt und hatte den Rest des Tages nur noch mit schlafen und essen verbracht, hatte ich zum Abschluss des Rennes den besten Tag. Wir mussten den gleichen Aufstieg wie am Vortag hochfahren, der über tausende von Steinen ging und man gefühlt nicht vom Fleck kam. Am Tag 3 hätte ich mein Bike am liebsten weggeschossen, so entkräftet ackerte ich mich den Berg hoch. Keine 24h später fühlte sich der gleiche Anstieg viel weniger schlimm an und wir kamen deutlich besser voran. Die allerletzte Abfahrt konnten wir dann nochmals richtig geniessen und auch die letzte Etappe gewinnen. 

Vier Partnerrennen haben Rosa und ich diese Saison nun absolviert, mit vier Gesamtsiegen durften wir nach Hause reisen! Für diese Saison war es nun aber voraussichtlich das letzte Etappenrennen, da nun mit EM, SM und WM die Meisterschaftsrennen auf dem Programm stehen. 


#8: Weltcup Megève

29. Juni 2024: Marathon Weltcup Megève (Frankreich)

Es sollte ein langer und harter Tag auf dem Bike werden. Das zweite Weltcuprennen im französischen Megève verlangt den Athleten mit 100km und 5000hm so einiges ab. Zwar etwas nervös, freute ich mich aber sehr, diese Challenge in Angriff zu nehmen. 7 Stunden Rennen fahren hatte ich noch nie gemacht. Mal schauen, wie ich mich bei meinem ersten «Ultra-Marathon» schlagen werde… 

Samstagmorgen 3:30 Uhr: Der Wecker klingelt. Dank Adrenalin war ich auch mitten in der Nacht schon hellwach. Zwar nicht sehr hungrig, doch das Frühstück musste irgendwie in den Magen. 

5:20 Uhr: Kopfhörer auf und ab auf die Rolle. Die Beine drehen gut, die Nervosität steigt. 

6:00 Uhr: Startschuss! Nach knapp 4km einrollen ging es in den ersten Aufstieg. Und ich merkte direkt, ich war nicht die Einzige, die Respekt vor diesem langen Rennen hatte. Das Tempo war anfangs recht gemächlich. Eigentlich bin ich eine sehr offensive Fahrerin und attackiere lieber zu früh als zu spät. Doch ich wusste, dass es bei diesem Rennen einfach darum geht, seinen eigenen Rhythmus zu fahren. Ja nicht überpacen am Anfang! Ich kam den ersten Anstieg gut hoch und ging ca. auf Position 10 in die erste längere Abfahrt. Durch den vielen Regen sehr rutschig, war diese recht anspruchsvoll. Einmal musste ich zu Boden und verlor zwischenzeitlich zwei Positionen. 

Danach warteten zwei kleinere Aufstiege mit vielen schlammigen und technischen Passagen, ehe es bei Kilometer 45 in den längsten Anstieg ging. Ich hatte vier Fahrerinnen unmittelbar vor mir, liess das Unterfangen aber bleiben, die Lücke direkt zuzufahren. Viel mehr versuchte ich, einen guten Rhythmus zu finden, welcher ich die nächsten 80 Minuten berghoch halten konnte. Und es zahlte sich aus. Ich holte drei Fahrerinnen auf und konnte sie distanzieren. Nach coolen technischen Passagen und einer langen Abfahrt passierte ich nach knapp 5h das Zielgelände in Megève. Von dort ging es auf die letzten 30 Kilometer. 

Ich konnte bereits auf Platz 4 vorfahren und mein Teamchef rief mir zu, dass Platz drei nur eine Minute vor mir ist. Ich fühlte mich nach 5 Rennstunden noch erstaunlich gut. Platz drei in Sichtweite gab ich alles, um die Lücke zu schliessen. Lange hatte ich die Hannah Otto vor mir in Sicht. Doch auch sie drückte aufs Tempo. Ich kam bis 45 Sekunden an sie heran. Aber sie fand im letzten langen Aufstieg noch einen Gang mehr. Ich kämpfte, doch die letzten drei Kilometer berghoch wurden unglaublich zäh und ich konnte nicht mehr zulegen. Endlich, nach 94km war ich zuoberst und von da ging es eine anspruchsvolle aber richtig coole Abfahrt runter. Unten angekommen, warteten noch 1.5 flache Kilometer auf der Strasse bis ins Ziel. Ich gab nochmals alles und überquerte nach knapp 7 Stunden das Ziel als vierte. 

Und dort realisierte ich, dass ich das Podest um mickrige 16 Sekunden verpasst hatte. Eine Konkurrentin vor mir verlor durch einen Defekt noch wertvolle Zeit und ich kam ihr, ohne es zu wissen, noch ziemlich nahe. Klar, im ersten Moment hat mich das echt gewurmt. So nahe am Weltcuppodest… Doch schlussendlich war es mein erstes Rennen über so eine lange Dauer, ich habe es ohne grosse Krisen überstanden und so freute ich mich auch über den vierten Platz. 

Der Marathon Weltcupkalender ist dieses Jahr sehr bescheiden, sodass nur noch ein Weltcuprennen im September auf dem Programm steht. Momentan liege ich in der Gesamtwertung auf Rang 3. An Motivation bis zum Rennen in Amerika in 12 Wochen soll es also nicht fehlen ;-)… 


#7: Weltcup Nove Mesto

26. Mai 2024: Marathon Weltcup Nove Mesto (Tschechien)

Um 7 Uhr in der Früh ging es los. Dank einer Portion Koffein brachte ich meinen Körper auch auf Betriebstemperatur. Auf dem Programm standen zwei Runden à 60km. Wie im Vorjahr würde es ein taktisches Rennen werden, in welchem nach und nach Fahrerinnen abfallen, die das Tempo nicht mehr halten konnten. Die Strecke war durch den vielen Regen extrem schlammig und rutschig, sodass vollste Konzentration angesagt war, um keine Fahrfehler zu machen. Ich kam gut mit, schaffte es immer, mich an zweiter bis vierter Position zu halten und kam ohne grosse Zwischenfälle über die erste Runde. Das Feld war bereits auf 6 Fahrerinnen geschrumpft und ich wusste, dass nun jederzeit immer wieder Tempoverschärfungen kommen könnten. Eine Fahrerin viel kurze Zeit später aus der Gruppe. Meine Beine drehten aber weiterhin gut. Dann, bei Kilometer 75 machte ich innerhalb kurzer Zeit zwei kleine Fahrfehler. Doch es genügte, dass ich im Singletrail an fünfte Position zurückrutschte. Die Fahrerin direkt vor mir war etwas langsamer, ich konnte aber nicht mehr überholen, da der Platz viel zu eng war. Und so passierte genau das, was nicht hätte passieren sollen… Wir verloren ca. 30 Meter auf das Spitzentrio als wir unten aus der Abfahrt herauskamen. Eigentlich sollten wir jetzt voll lossprinten, aber da genau bei der Ausfahrt noch die Feedzone war, mussten wir zuerst noch unsere Flaschen wechseln. Einfach ohne neuen Bidon und Gel durchzufahren, wäre ein zu grossen Risiko und hätte sich spätestens Ende des Rennens gerächt. Wir spannten zusammen, um die Lücke zur Spitze wieder zu schliessen. Aber natürlich haben die drei vor uns gesehen, dass wir ein kleines Loch haben und drückten logischerweise auch aufs Tempo. Und so kämpften wir zu zweit um den Anschluss. Wir sahen die Spitze noch lange Zeit, aber meine Beine vermochten nicht mehr, die Lücke zu schliessen. Die Podestplätze schienen ausser Reichweite und so setzte ich mir fest in den Kopf, den vierten Platz nach Hause zu fahren. Ich wusste, dass ich technisch die stärkere Fahrerin bin und legte mir im Kopf einen Plan zurecht, wo ich attackieren wollte. 10 Kilometer vor Schluss, viel früher als geplant, konnte ich aber bereits eine Lücke aufreissen. Also noch 10 Kilometer «Vollgas» ins Ziel. Aber Terese schien noch nicht aufzugeben, ich sah sie immer hinter mir. Die letzten zwei Kilometer durften wir auf der Cross Country Strecke absolvieren. Eine meiner Lieblingsstrecken aus meiner Zeit auf der Kurzdistanz und ich freute mich echt, auf diese Zusatzschlaufe. Doch nach knapp 6 Stunden muss ich sagen, verlangte es alles an Konzentration, um die steilen Wurzelaufstiege und Rockgarden sicher passieren zu können. Aber alles klappte und so ergatterte ich mir den vierten Schlussrang. 

 

 


#6: Auch keine Liebe auf den zweiten Blick

04. Mai 2024: Riva del Garda (Italien)

Letztes Jahr beim Rennen am Gardasee waren die ersten drei Stunden sehr zäh, ehe ich den Turbo zündete und noch aufs Podest vorfahren konnte. Dieses Jahr machte ich es genau umgekehrt. Die ersten drei Stunden waren sehr gut, ehe mir während den letzten zwei Stunden allmählich die Energie ausging. Naja, irgendwie habe ich noch nicht ganz herausgefunden, wie man bei diesem Rennen über die gesamten 5 Stunden Gas gibt ;-). Alle guten Dinge sind drei, vielleicht klappt es ja dann 2025. Jedenfalls konnte ich mich auch bei der zweiten Teilnahme noch nicht ganz mit der Strecke anfreunden. 

Nach einem schnellen Start mit den Mannen ging es in den ersten Aufstieg, der ca. eine Stunde dauert. 30 Minuten war ich an der Spitze dran. Dann wurde innerhalb kurzer Zeit, dreimal ziemlich aufs Tempo gedrückt. Tempoverschärfung eins und zwei konnte ich mitgehen, danach liess ich die vier Fahrerinnen ziehen. Bei so einem langen Rennen muss man viel "bezahlen", wenn man bereits am Anfang völlig über sein Limit geht. Ich schlug ein für mich gutes Tempo an und kam gut voran. Mit neuen persönlichen Bestwerten war ich zufrieden mit meinen ersten drei Stunden. Dennoch verlor ich einiges an Zeit auf die Spitzengruppe. Hut ab von den Podium-Fahrerinnen, die waren in einer anderen Liga unterwegs. 
Nach einer längeren Solo-Fahrt schloss eine Fahrerin zu mir auf und wir fuhren einige Zeit zusammen. Ich bekundete aber etwas Mühe in den Abfahrten, welche aufgrund von starkem Regen in den Vortagen extrem rutschig und unkontrollierbar waren. In einer Abfahrt verlor ich den Anschluss und war somit wieder alleine. 

Die letzten zwei Stunden musste ich dann doch noch etwas für den Effort am Anfang bezahlen. Die kühlen Temperaturen und der viele Schlamm machte das so oder so schon harte Rennen noch ein Stück härter. Am Ende reichte es für Platz 6, mit dem ich zufrieden bin. Das erste Eintagesrennen und das erste «Klettermonster» ist geschafft. In den nächsten Wochen warten noch einige solcher Rennen und so war das Rennen eine gute Standortbestimmung, woran ich noch dringend arbeiten muss. 

 

 


#5: Wenn alles nach Plan läuft

16. - 20. April 2024: 4 Islands (Kroatien)

Kurz und knackig startete das Rennen auf der Insel Krk. Das Zeitfahren über lediglich 12km war ein gutes Einfahren und die Taktik relativ klar, einfach Vollgas von Start bis ins Ziel. Nach 34 Minuten überquerten wir die Ziellinie mit der neuen Bestzeit. Nach kurzem Warten waren alle Teams im Ziel und wir konnten uns über den ersten Etappensieg und das Leadertrikot freuen. 

Der Tag 2 war mit 72km deutlich länger. Im ersten langen Aufstieg konnten wir uns kurz vor dem höchsten Punkt absetzen. Sollten wir es riskieren und bereits nach 6km alleine davonziehen? Es warteten noch einige Flachpassagen im Wind. Ein Blick über die Schulter verriet uns aber, dass die Konkurrenz hinten Mühe bekundete, wieder zu uns aufzuschliessen. Also riskierten wir es und zogen alleine davon. Das Risiko wurde belohnt und wir konnten die Ziellinie mit 3.5 Minuten Vorsprung überqueren. 

Die Etappe auf der Insel Cres hat einen ziemlich ungemütlichen Start. Von der Fähre aus gestartet, geht es gleich 300 steile Höhenmeter hoch. Das Feld wurde schon da auseinandergerissen. Das Tempo fiel aber oben in der Fläche wieder zusammen, sodass einige Teams wieder aufschlossen und es ein bisschen hektisch wurde. In der Folge versuchten Rosa und ich, in jedem Aufstieg aufs Tempo zu drücken. Bei Kilometer 45 musste das letzte Team definitiv abreissen lassen und wir kämpften somit die verbleibenden 40km alleine gegen starken Gegenwind und über unzählige Steine. 

Nach zwei langen Tagen war die 4. Etappe mit nur 39km kurz. Die ersten 15km waren flach und das Feld blieb zusammen. Unsere Tempoverschärfungen in den einzigen beiden Aufstiegen waren dann erfolgreich und so konnten wir den vierten Tag in Folge die Ziellinie als Siegerinnen überqueren. 

Mit knapp 6 Minuten Vorsprung ging es auf die letzte Etappe, auf der es über 65km ständig rauf und runter ging. Wir fühlten uns gut und wollten auch am letzten Tag nochmals angreifen. Der Plan ging auf und bei Kilometer 20 waren wir alleine unterwegs. Die Etappe war voll mit Singletrails, vielen Richtungswechsel und unendlich vielen Steinen. Jetzt einfach keinen Defekt mehr einfahren. Je näher am Ziel, desto mehr viel die Anspannung ab und die letzten Kilometer konnten wir dann trotz müden Beinen noch so richtig geniessen. 

Nach 5 von 5 Etappensiegen und einer Woche, in der alles nach Plan lief, konnten wir im Ziel mit unserem Team auf einen weiteren Gesamtsieg anstossen. 

 

 


#4: Es muss sich nicht immer gut anfühlen

29. - 31. März 2024: Vuelta Ibiza (Spanien)

Die Vuelta Ibiza hat bei Fahrern einen ziemlich guten Ruf. Es soll einem richtig viele coole Trails und schönes Panorama geboten werden. Und ich muss sagen, wir wurden nicht enttäuscht. Die Strecken waren ein richtiges Vergnügen zum Fahren und das Panorama auf den vielen Wegen nahe der Küste einmalig (wobei ich im Rennen mehr das Hinterrad meiner Teamkollegin statt des Meers bewunderte) … 

Tag 1 würde ich als «Systemschock» bezeichnen. Direkt aus einem umfangreichen Trainingsblock und nicht wirklich erholt am Start, bekundete ich ziemlich Mühe, in den Rennmodus zu kommen. Ich kämpfte, ich litt und ich versuchte verzweifelt, in den «Turbomodus» zu schalten, scheiterte aber. Das Führungsduo mussten wir schnell ziehen lassen und der Fokus war einfach, ein regelmässiges Tempo zu fahren. Ibiza ist voll von richtig vielen steilen Rampen, was die 2000hm zu einer echten Herausforderung machten. Unser Teamchef rief uns immer wieder die Zwischenzeiten zu und zu meinem grossen Erstaunen, verloren wir im Verlaufe des Rennens keine Zeit und unser Rückstand hielt sich konstant. Also einfach weiterkämpfen, auch wenn es sich nicht sonderlich toll anfühlt! Und so kamen wir nach 3.5 Stunden als Zweite mit nur 30 Sekunden Rückstand ins Ziel. Also alles noch offen. 

Ganz ehrlich, der zweite Tag startete nicht vielversprechend. Ich war unglaublich müde und das Einfahren fühlte sich schon zäh an. Der Gipfel des Eisberges kam dann am Start. Aufgrund eines Missverständnisses der Veranstalter mussten wir uns in den dritten Startblock einstellen. Das Führungsduo der Frauen, mit Europameisterin Morath und der italienischen Meisterin Mairhofer durfte aber aus der ersten Startreihe starten. Nah toll, so war das direkte Duell schon mal nicht möglich, starteten wir zwei Minuten hinter dem ersten Startblock. Klar, unsere Zeit wurde natürlich erst mit unserem Start gemessen, dennoch wäre ein direktes Duell natürlich spannender. Wir fuhren also mit all den anderen Frauen und im Gewühl von vielen Männern los. Einfach ruhig bleiben, einen guten Rhythmus fahren und dann kommt das schon! Nach ca. 30 Minuten machten meine Beine auf und es fing an, rund zu laufen. Unser Teamchef fuhr von einem Streckenpunkt zum anderen, um uns zu motivieren, danke Marc! Wir wussten so, dass wir genau gleich schnell, wenn nicht sogar etwas schneller als die Leaderinnen unterwegs waren, was uns natürlich anspornte. Nach 50km und unzähligen Überholmanövern schafften wir das Kunststück und schlossen die Lücke! Ich konnte es selbst kaum glauben, dass wir zwei Minuten gut gemacht hatten. Motiviert ruhten wir uns ein paar Minuten im Windschatten aus, bevor wir die Attacke lancierten und davon fuhren. Die letzten 30km kannten wir vom Training, sodass wir in all den technischen Passagen gut voran kamen. Als Siegerinnen konnten wir die Ziellinie mit über 5 Minuten Vorsprung überqueren und uns so das Leadertrikott ergattern. Hätte mir das jemand 5 Stunden zuvor gesagt, ich hätte nur gelacht. 

Die Taktik für den letzten Tag war klar. Wir wollten das Rennen kontrollieren und bei Gelegenheit auch attackieren. Nur leider hatte ich nicht den besten Start und musste bald schon abreissen lassen. Wir blieben aber immer in Sichtkontakt mit Morath/Mairhofer. Nach verhaltenem Start kam ich dann immer besser auf Touren sodass wir die Lücke wieder zufahren konnten. Die letzte Rennstunde führte mehr oder weniger flach der Küste entlang. Wunderschön, wenn auch unglaublich windig war es. Und vor allem ziemlich holperig über alle Steine. Ich blickte einmal kurz über die Schulter und merkte, dass wir ein Loch aufgerissen hatten. Also weiterhin mit viel Druck in die Pedalen treten und so konnten wir unseren Vorsprung stetig ausbauen und auch die letzte Etappe sowie die Gesamtwertung für uns entscheiden. 

 

 


#3: Die Ziellinie kommt von selbst!

26. Februar - 02. März 2024: Andalucía Bike Race, Jaén & Córdoba (Spanien)

Das Rennen startete mit ziemlich garstigen Bedingungen. Am höchsten Punkt auf 1800m lag Schnee und so musste das Rennen aus Sicherheitsgründen von 60km auf lediglich 20km gekürzt werden. Wir starteten mit einem soliden 4. Platz ins Rennen, mit dem Wissen, dass wir viel mehr können. Das wir danach aber gleich vier Tagessiege einfahren konnte, war schon cool. 

Die Königsetappe am Tag 2 konnten wir mit deutlichem Vorsprung für uns entscheiden und uns so das Leadertrikot ergattern. Das Ziel war natürlich klar, wir wollten es nicht mehr abgeben. Doch bei einem Rennen über 6 Tage kann so viel passieren: ein Sturz, ein Defekt, ein Verfahren oder eine schlechte Tagesform. Und so ist es wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren. Über den Winter habe ich viel daran gearbeitet und es zahlte sich in diesem Rennen aus (Danke Hans-Peter!). Ich war so fokussiert und konzentriert wie selten zuvor und schaffte es, mich Tag für Tag, Rennstunde für Rennstunde nur auf das Jetzt zu konzentrieren. Nicht zu fest darüber nachdenken, was wäre wenn, sondern sich einfach nur auf die Aufgaben zu konzentrieren, die gerade vor einem liegen. The finish line will take care of itself if you focus on the road in front of you.  

Auf der Etappe 3 und 4 konnten wir unseren Vorsprung stetig ausbauen. Bei einem Partnerrennen ist es wichtig, sich vorgängig einen Plan zurechtzulegen. So analysierten wir am Vortag jeweils mit dem Team die Etappe, suchten die Schlüsselstellen heraus und machten einen Plan, wo wir attackieren wollten. Wenn dann im Rennen alles nach Plan läuft und man nur das umsetzen muss, was man am Vortag lange besprochen hat, ist es natürlich umso schöner. Es verlief praktisch alles nach Plan und so konnten wir sowohl an Tag 3 als auch an Tag 4 den Tagessieg einfahren. 

Vor der Etappe 5 waren Rosa und ich recht angespannt. Mit 90km war es die längste Etappe und wer noch Zeit für die Gesamtwertung gutmachen oder uns den Gesamtsieg streitig machen wollte, musste heute angreifen. Wir mussten über 4 Stunden gewappnet sein auf die Attacken der anderen. Doch auch wir verschärften das Tempo mehrmals, sodass bis kurz vor Ziel nur noch ein Duo mit uns war. Auf dem letzten Kilometer lancierten wir die letzte Attacke, konnten uns absetzen und auch die fünfte Etappe gewinnen. Die Freude und Erleichterung im Ziel waren gross. 

Noch 27 Kilometer trennten uns nun vom Sieg in der Gesamtwertung. Wenn nichts mehr passiert, war der Sieg eigentlich sicher. Aber eben, auch auf 27km kann ein Sturz oder Defekt noch viel Zeit kosten. Die ganze Woche hatte ich meine Nerven im Griff, am letzten Tag spielten sie aber verrückt und ich war unglaublich nervös. Meine Beine waren auch ziemlich leer und so litt ich 90 Minuten am Hinterrad meiner Teamkollegin. Rosa übernahm die komplette Führungsarbeit und fuhr mir in den technischen Passagen saubere Linien vor, sodass ich keine unnötigen Fehler machte, was zu einem Defekt hätte führen können. Und so fuhren wir im abschliessenden Zeitfahren auf Rang 2 und konnten den Gesamtsieg ungefährdet ins Ziel fahren. 

Wir starteten das Rennen mit einem klaren Ziel. Doch statt uns auf dieses zu konzentrieren, fokussierten wir uns immer wieder aufs Neue nur auf die Aufgaben, die direkt vor uns lagen. Und so kam sie, die Ziellinie! Nach 300km und knapp 16 Stunden Renndauer war geschafft, unser Ziel erreicht – den Sieg am Andalucia Bike Race. 

 


#2: Ein unvergessliches Rennen

08. - 11. Februar 2024: Mediterranean Epic, Oropesa del Mar (Spanien)

Am Donnerstag ging es los mit einem Einzelzeitfahren über 19km und 550hm. Knapp eine Stunde Vollgas geben war angesagt. Der erste Teil ist mit Ausnahme von zwei kleinen aber ziemlich steilen Rampen flach. Ich startete ziemlich schnell und drückte – zu meinem eigenen Erstaunen – in der Fläche ziemlich hohe Wattzahlen. Bei Kilometer 13 lag ich in Führung, ehe es die letzten 6 Kilometer nur noch berghoch ging. Eigentlich meine Stärke, aber ich musste ein bisschen für das hohe Anfangstempo büssen. Es reichte für Rang 2. 

Am Freitag ging es auf die erste lange Etappe mit 76km und 2200hm. Das Tempo war von Anfang an hoch und das Feld wurde schnell aussortiert. Im ersten langen Aufstieg setzte ich mich mit der Amerikanerin Hannah Otto ab und war lange Zeit alleine mit ihr an der Spitze. Dann, nach über drei Stunden, tauchte plötzlich meine Teamkollegin Rosa auf. «Bleib am Hinterrad», rief sie mir zu und lancierte gleich auch eine Attacke. Durch clevere Teamtaktik konnten wir Otto innerhalb kürzester Zeit abschütteln und wenig später zusammen die Ziellinie überqueren. Den Tagessieg überliess ich Rosa, die in der letzten Rennstunde unglaublich viel Führungsarbeit für mich geleistet hat. Ich konnte dafür das Leadertrikot ergattern. 

Im gelben Trikot ging es somit auf die dritte Etappe, die Königsetappe mit 105km und 2120hm. Leider hatte ich einen rabenschwarzen Tag. Meine Beine waren wie Steine und ich litt vom Start an. Wieder war es das Trio Hannah, Rosa und ich, welches sich schon früh vom Rest des Feldes absetzen konnte, doch ich hatte ziemlich Mühe, dem Tempo zu folgen. Bei Kilometer 40 im langen Aufstieg musste ich abreissen lassen. Und auch dem Tempo einer Fahrerin, die kurze Zeit später zu mir aufschloss und mir durch Windschatten geben helfen wollte, konnte ich nicht folgen. Wie ich das Kunststück schaffte, im Verlauf des Rennens wieder auf Platz 2 und 3 aufzuschliessen, ist mir bis heute ein Rätsel. Der Energieschub hielt eine Stunde an, bevor die 5. Rennstunde wieder ziemlich zäh wurde. Ich konnte dann zwar noch den Sprint um Rang 3 gewinnen, doch mein Leadertrikot verlor ich deutlich und fiel in der Gesamtwertung auf Rang 3 zurück. Trost des Tages, das Leadertrikot bleibt im Team und ich durfte es Rosa übergeben. 

Die Schlussetappe war mit 52km und 1150hm recht kurz und das Ziel war klar. Das Leadertrikot für Rosa zu verteidigen. Knapp eine Minute Vorsprung hatte sie auf Otto. Von Anfang an wurden Attacken gefahren und mein Job war es, dass Rennen so gut wie es ging zu kontrollieren, damit niemand davonziehen konnte. Ich litt ziemlich, verpasste in kurzen Rampen mehrmals den Anschluss, kämpfte mich aber in den Abfahrten immer wieder an die Spitze zurück. So konnte ich in den langen Flachstücken meiner Teamkollegin helfen, damit sie in meinem Windschatten fahren konnte, um später bei den entscheidenden Attacken noch genügend Körner zu haben. 10km vor Schluss ging es dann zur Sache, meine Beine waren leer und ich musste abreissen lassen. Als vierte überquerte ich die Ziellinie und konnte mir so den 3. Rang in der Gesamtwertung sichern. 

Obwohl ich mit dem Sieg in der Gesamtwertung liebäugelte (nach Rang 3 2022 und Rang 2 2023), fühlt sich dieser 3. Rang dieses Jahr wie ein Sieg an. Nach der langwieriger Verletzungsgeschichte im  letzten Jahr dauerte es bis anfangs Dezember, bis mein Körper wieder positiv auf Trainingsreize reagierte und auch Techniktrainings ohne Kopfschmerzen möglich waren. Es gab so viel Ungewissheit die letzten Monate. Nun kann ich endlich ein schwieriges Kapitel abschliessen und positiv auf die bevorstehende Saison schauen. Und so kamen sie im Ziel, die Emotionen, die Tränen der Erleichterung und Freude. 

Wout und Rosa auf Rang 1, ich auf Rang 3 und Pablo auf Rang 8 bei einem der wichtigsten Etappenrennen des Jahres. Viel besser hätte es für unser Team nicht laufen können. Wir hatten das Rennen durch eine ziemlich gute Teamleistung von Anfang bis zum Ende dominiert. Was für ein Privileg, ein Teil eines solchen Teams zu sein! 

 


#1: Sommersportler werden im Winter gemacht!

Beim Blick auf den Trainingsplan schlägt das Herz gerade etwas höher. Der Countdown läuft, in drei Wochen geht es wieder los! Das Wintertraining neigt sich dem Ende entgegen und es ist Zeit, seinen Motor wieder auf Renntempo hochzufahren. 

Oftmals werde ich gefragt, wie mein Wintertraining aussieht und ob ich im Winter trotzdem draussen radfahren gehe. Eine berechtigte Frage, gerade wenn man diesen garstigen und nassen Winter als Beispiel nimmt. Eine Frage aber auch, über die ich immer wieder schmunzeln muss, denn Sommersportler werden im Winter gemacht. Die Monate November, Dezember und Januar sind meine trainingsintensivsten Monate des ganzen Jahres – hin oder her ob es Petrus gut oder schlecht mit einem meint. 
Ja, manchmal ist es bestimmt etwas hart: Regen, Nebel, Kälte, viel Schlamm und Wind… Aber ich muss sagen, diese Bedingungen härten einem definitiv ab. Und wenn dann doch mal die Sonne grüsst oder das Flachland im Schnee liegt, sind die Strapazen vom widrigen Wetter schnell vergessen. Mit Training auf einem Hometrainer im Keller kann man mich jagen, dass mag ich gar nicht. Dann viel lieber wetterfest anziehen und die Natur geniessen. Das ist auch der Grund, wieso ich vor Jahren mit dem Bikesport angefangen habe und eine unglaubliche Passion dafür habe: Die ganz einfache Freude am Radfahren und der Bewegung in der Natur. Genau das kann ich über die Wintermonate stundenlang machen und geniesse es sehr. Startet man im November noch mit verhältnismässig wenig Fitness, ist das Gefühl umso schöner, wenn man Fortschritte im Training spürt und man sieht, wie sich seine Leistungsdaten stetig verbessern. 

Das Fundament für die nächste Saison lege ich durch Einheiten im Kraftraum und vielen Stunden auf dem Rad. Ungefähr die Hälfte der Trainings absolviere ich auf dem Rennrad, die andere Hälfte auf dem Mountainbike. Da sich das Training von Woche zu Woche stark unterscheidet, ist es sehr schwierig, alles pauschal zu sagen. In der Regel kann man sich meine Trainingswoche aber so vorstellen: An zwei bis drei Tagen absolviere ich zwei Einheiten täglich und kombiniere ein Krafttraining und ein eher kürzeres Radtraining (2-3h). An drei Tagen stehen lange Einheiten auf dem Rad auf dem Programm (4-6h). In welchem Tempo und welche Trainingsprogramme ich absolviere, entscheidet mein Trainer. Durch den täglichen Austausch können wir das Training dann noch genau anpassen, je nachdem, wie mein Körper auf die Trainingsreize anspricht. Beim Einhalten der Trainingszonen bin ich sehr sehr pingelig, weshalb ich den Grossteil meines Trainings alleine absolviere. So kann ich meine Trainings genau steuern und planen. Weniger penibel bin ich, was die Einhaltung der Trainingszeit betrifft. Da überziehe ich gerne ein bisschen, musste aber lernen, dass meine Chefs nicht sehr erfreut sind, wenn ich immer wieder Überzeit mache… Ein Tag in der Woche ist Ruhetag, wo ich komplett aufs Training verzichte oder 60-90 Minuten eine ganz lockere Runde auf dem Rad absolviere. Diese Tage nutze ich dann auch für die Physiotherapie oder Mentaltraining. 

Nach 12 Wochen Wintertraining zuhause geht’s jetzt in den Süden. Und ja, auch wenn widrige Wetterbedingungen abhärten, ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, ich freue mich nicht, die Winterklamotten endlich gegen Sonnencrème auszutauschen. Mein Programm bis im März in Kurzfassung: Teamtage und Teampräsentation, 2-wöchiges Trainingslager, Mediterranean Epic, nochmals ein 2-wöchiges Trainingslager, Andalucia Bike Race. Adiós Suiza, Hola España, ich melde mich dann aus dem Süden! Hasta pronto! 


Übersicht News 2024

#1: Sommersportler werden im Winter gemacht
#2: Ein unvergessliches Rennen
#3: Die Ziellinie kommt von selbst
#4: Es muss sich nicht immer gut anfühlen


#5: Wenn alles nach Plan läuft
#6: Auch keine Liebe auf den zweiten Blick
#7: Weltcup Nove Mesto
#8: Weltcup Megève
#9: Colina Triste


#10: Europameisterschaft
#11: Schweizermeisterschaft
#12: Weltmeisterschaft
#13: Weltcup Lake Placid